Ohne Gegenstände können wir nicht leben. Die Bücher, Schallplatten, Sattel aus Marokko oder Beirut, die uns und unsere Objekte tragen, Lautsprecher aus Karatschi, Lampen, Stühle, Sofas und verschiedene Behältnisse oder Rahmen machen uns aus. Doch wir sind in unterschiedlicher Weise auf Gegenstände angewiesen. Manche von uns brauchen sie, um mit unseren inneren Welten und deren Landschaften in Einklang zu kommen, andere empfinden die Objekte der Welt als belastend und müssen sich von ihnen befreien.
Wir sitzen in einem Zug und fahren durch die Dolomiten, stachelige Berge, die wie zerklüftete Meringues aufragen. Eine Reise zeigt uns vieles. Wege können bewaldet sein, zugewachsen und in eine Sackgasse führen, oder sie sind geräumt und führen in Tunneln durch Berge. Die Dolomiten erinnern mich an eine Freundin, die ich nicht erreichen kann. Wir gehen aneinander vorbei, verpassen uns aber, vielleicht, weil wir uns in gegensätzlicher Weise auf Gegenstände verlassen. Wir werden zu Gefäßen, die die andere einfach mit ihrem Inhalt füllen kann, eine flüssige Projektion, eine Fantasie.
Das Leben schreitet auf dieser Straße voran, auf allen Straßen, mit jedem Schritt vorwärts bewegt es sich durch seine Antithese. In den letzten zwei Jahren haben wir diese Straßen und die weiten Horizonte der fernen Abenteuer gegen die Konturen unserer Wohnstätten ausgetauscht. Die Wände, Türen und Decken wurden zu den eng gezogenen Grenzen unserer Welten. Wir wurden zu Architekten dieser Behausungen, indem wir uns die Dinge, Geschichten und Erinnerungen, die uns ausmachen, ins Gedächtnis riefen und sie von Neuem erbauten. Wir waren gezwungen zu erkennen, wie unsere unmittelbarste Umgebung den Ausgleich zwischen unseren Wünschen und ihrer Erfüllung vermittelte.
Jahrmärkte bieten Illusionen. In unserer romantischen Vorstellung von Jahrmärkten suchen und finden wir Nervenkitzel, verlieren uns selbst. Michael Balint beschrieb Vergnügungsparks als universelles Phänomen und folgerte daraus, dass sie wohl auf wesentliche menschliche Bedürfnisse reagieren müssen. Auf dem Jahrmarkt und im Zirkus können wir das Vergnügen des Schwindels und der Schwerelosigkeit, der Halluzination, der Aggression und des Stabilitätsverlusts erleben. Wir können in Zaubertricks das scheinbar Unmögliche sehen. Für Balint ist der Rummelplatz der Ort, von dem aus man die Freuden der Regression, der zufälligen Begegnungen, des Gewinnens und Verlierens, des Glücksspiels an Spielautomaten, der Peepshows und des Taumels erleben kann. Wir können klebrig-süße Speisen essen, Zuckerwatte oder frittierten Teig, der von Zucker und Fett trieft. Die Welt wird zur Bühne, der Rummelplatz oder der Zirkus wird zur Welt. Es sind Orte, an denen die Routine durchbrochen wird, und die Regeln nicht mehr gelten. Solche Orte ermöglichen es uns, Belohnungen im Exzess oder in der Aggression und der Regression in die Kindheit zu finden und die Bedeutung der Welt zu verändern.
Der Sattel, der einmal auf einen Esel gespannt war, wurde auf dem Rücken der Künstlerin von Marokko nach Wien getragen. Er wurde untersucht und umfunktioniert. Nun sitzt er vervielfacht auf Stahlbeinen. Wir dürfen den Sattel und unter Umständen auch den Esel auf dem Rücken tragen. Die Gegenstände der Vergangenheit, die von der Gegenwart als vergangen bezeichnet werden, aber nicht wirklich vergangen sind, werden mit Dingen der Gegenwart kombiniert. Sie werden geformt, gegossen, bemalt, genäht, sie werden gehärtet oder weicht gemacht, ihre Materialien werden ausgetauscht, um eine architektonische Poetik zu schaffen, eine Wohnlandschaft, die von einer Poetik der Nachbildung beherrscht wird. Die unaufhörliche Suche der Moderne nach dem Neuen wurde fixiert, integriert und kanonisiert. Johanna Magdalena Guggenbergers Umnutzungen zeigen uns einen Weg, die Ränder der Moderne umzugestalten, um die unzeitgemäßen Formen einzubeziehen, die mit der Gegenwart mitliefen und mitlaufen, die vernachlässigt und weggeworfen wurden, nutzlos und elend. Diese Formen sind nicht auf das Neue ausgerichtet, sondern fungieren als Teleskope der Zeit, die uns zu verschiedenen Produktionsweisen transportieren; sie sind greifbar und sinnlich, wiedergewonnen durch eine Reproduktion der Poetik und eine Poetik der Reproduktion. Die Wohnlandschaft gleicht einem Jahrmarkt, wenn wir die Welt nach poetischen Gesichtspunkten umgestalten wollen.
Rose-Anne Gush
Übersetzt aus dem Englischen