Die Kunstgeschichte und die Geschichte des Hundes gehen Hand in Hand. Abbildungen von Hunden in Höhlenmalereien in Saudi-Arabien stammen aus der Zeit um ca. 9000 v. Chr. Domestizierte Hunde erschienen in der ägyptischen Kunst und Bildsprache und erinnern an den Schakalgott Anubis, der die Seele der Verstorbenen in die Halle der Wahrheit führte. In der westlichen Kunstgeschichte symbolisierten sie Status, Loyalität, Schutz und Liebe. Im 17. und 18. Jahrhundert tauchte jedoch eine neue Art der Darstellung von Hunden auf. In der Ecke einiger der harmlosesten Architekturdrucke kann man einen kleinen Hund entdecken, der eine Säule oder einen Pfeiler anpinkelt. Der lockige Spielzeugpudel, der als wiederkehrendes Motiv in Katharina Höglingers Werk vorkommt, spielt eine ähnliche Rolle. Er ähnelt sowohl einem Plüschtier als auch einem richtigen Hund, und mit seiner kleinen Zunge, die ihm aus dem Maul hängt, zeigt er, dass Kunst von Elementen der Freude und des Humors ebenso durchdrungen sein kann wie von Ernsthaftigkeit.

Höglingers Kompositionen und Inhalte spielen auch mit den traditionellen Tropen der Kunstgeschichte – Blumen in einer Vase, dem Akt. Doch ihre Sicht auf Pose und Geste durchzieht ein feministischer Subtext. Dass sich die Betrachter*innen mit diesen fast offensichtlichen Genres auseinandersetzen und sich zu ihnen hingezogen fühlen – dessen ist sich die Künstlerin bewusst, und im gleichen Maße verärgert und erfreut darüber. Doch ihr schneller, spielerischer Ansatz nimmt diese Bezüge, steckt sie in einen Mixer und macht sie originell und unerwartet.

In den Malereien sind auch Anklänge an das Autobiographische zu vernehmen, aber ihre wiederkehrenden Frauenfiguren haben ein Eigenleben. Deren Narrativ entsteht als Antwort auf Gespräche und Beobachtungen, die die Künstlerin in ihrem Leben anstellt, lebt aber unabhängig von den eigenen Erfahrungen der Künstlerin weiter. Selbstporträt auf Umwegen. In ihren Gemälden, Textilarbeiten und Arbeiten auf Papier sind oft fragmentierte Körperteile dargestellt – ein Herz, ein schwebendes Auge, eine wackelige Nase, kleine schlaffe Brüste, ein Fuß. Diese schnell ausgeführten Elemente haben eine symbolische oder emotionale Resonanz, aber die Interpretation der Bedeutung ist der Betrachterin überlassen. Sie spiegeln die Geschwindigkeit ihres kreativen Prozesses wider. Ideen und Bilder, die der Künstlerin zufließen.

Ihre Farbpalette kann zuweilen psychedelisch und eigenwillig wirken. Sie verwendet nicht nur Pigmente und Ölfarbe, sondern auch Textilfarbe, Kleiderfarbe und Filzmarker. Mode ist etwas, das über die Materialien hinaus in ihr Werk einfließt. Ihr Umgang mit ungrundierter Leinwand oder Textilien spielt oft mit Lichtdurchlässigkeit. In den Künstlerinnenbüchern, die sie kreiert hat, sind T-Shirts als grafische, bemalte Seiten eingenäht. Ihre Arbeiten wurden auch dadurch aktiviert, dass sie als Kleidungsstücke in einem Ausstellungskontext getragen oder ausgestellt wurden. Sie wachsen irgendwie aus den Gemälden heraus – als würden sie die unordentlichen Schlafzimmer ihrer Figuren betreten. Katharinas Initialen erscheinen in ihren Bildern wie ein handgezeichnetes Markenlogo und spielen mit der Idee des Brandings, der Ware und dem Topos der künstlerischen Handschrift. Die Bedeutung der Buchstaben beginnt sich jedoch im Werk aufzulösen. So werden sie eher zu einem grafischen Muster und visuellen Motiv, als dass sie auf etwas Bestimmtes verweisen.

Der Ausstellungstitel Zunge verlieren (losing tongue) ist zentral für die hier versammelten Arbeiten. Diese Metapher des Verlierens eines Körperteils reflektiert das eigene Gefühl der Ohnmacht der Künstlerin im gegenwärtigen politischen, biologischen und sozialen Moment. Auch rührt sie an das Bedürfnis, in der Öffentlichkeit zu performen, sich dort zu präsentieren, und den Konflikt, der dadurch innerlich entsteht. Sprache und Worte versagen. Stattdessen werden uns in Höglingers Welt visuelle Metaphern und Symbole präsentiert, um die emotionale Resonanz des Jetzt einzufangen.

Text von Francesca Gavin, übersetzt aus dem Englischen

 

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